Stressbedingte Schlafstörungen

Stressbedingte Schlafstörungen machen effizienten Arbeitsalltag unmöglich.

Wenn man die aktuellen Statistiken bemüht, fällt eines auf: die Schlafstörungen scheinen zuzunehmen. Ein Grund mehr, der Sache auf den Grund zu gehen. Wen betrifft es, was meinen Experten wie Brigitte Hettenkofer dazu?

Frau Hettenkofer ist Trainerin und Coach mit der Spezialisierung auf Stressfolgeerkrankungen und praktiziert in Frankfurt/Main. In den letzten fünf Jahren hat sie sich besonders dem Thema Schlafstörungen gewidmet. Weitere Schwerpunkte sind das mentale Gesundheitstraining und Stressmanagement/Burn-out Prophylaxe sowie Business Coaching und die psychologische Beratung in klinischen Einrichtungen, das Training mit Pflegekräften und medizinischen Fachkräften.

Im Expertengespräch 
Frau Hettenkofer, Sie betreuen sehr viele berufstätige Menschen; die in der Stress Spirale vorangeschritten sind und dann Einschlaf- und Durchschlafschwierigkeiten haben. Warum ist das so problematisch?
BH: Wenn ich ein bis zweimal die Woche nicht gut schlafe, dann ist das noch nicht bedrohlich. Wer diese Schwächung über viele Wochen erlebt und dann trotzdem zur Arbeit geht, ist allerdings irgendwann auch ein Risiko fürs Unternehmen.

Können Sie das näher erläutern? 
BH: Mittlerweile bekannt ist, dass eines der massivsten Symptome bei Burn-out die Schlafstörungen sind. Sie sind aber auch ein wichtiges Warnsignal, das man nicht überhören darf. In der Praxis habe ich mittlerweile bei Gruppengrößen von zwölf Leuten immer mindestens ein Drittel mit Schlafproblemen bzw. massiven Schlafstörungen und ein Drittel der Leute mit Schlafstörungen nehmen dauerhaft Medikamente. Diese Spirale ist umso bedenklicher, als man sich die Auswirkungen vor Augen führen muss. Dauerhafte Antriebsschwäche und Kraftlosigkeit sind das eine, Unfallgefährdung, Leistungsabfall das andere.

Auf welche Symptome muss man achten? 
BH: Ich hatte es schon angedeutet; wer jede Nacht zum Beispiel zwischen 3 und 4 Uhr aufwacht, der hat ein Problem; denn wenn diese wichtige Phase des Tiefschlafes so massiv gestört ist, dann kann sich der Betroffene nicht mehr erholen. Die Zellerneuerung funktioniert nicht richtig, die Erlebnisse des Tages können nicht vollständig verarbeitet werden, das Immunsystem wird geschwächt, weil wichtige Immunbotenstoffe nicht mehr aufgebaut werden können. Hinzu kommt häufig die sogenannte „Grübelphase“, das bedeutet, wenn die Betroffenen aufwachen, dann grübeln sie in der Regel über schwierige Aufgabenstellungen, unangenehme Aspekte ihrer Arbeit/ihres Privatlebens nach, alles, was schwierig ist oder in dieser Phase so erscheint. Fazit: alles verstärkt sich, schädigende Stresshormone werden ausgeschüttet, der innere Druck nimmt zu. Solch ein Zustand über viele Wochen rädert natürlich, die Angst vorm Zubettgehen nimmt zu. Es gibt auch eine bestimmte Gruppe von Menschen, die zum Arzt gehen und sich Medikamente verschreiben lassen, das kann auf Dauer aber nicht zwingend die Lösung sein. Die merkbaren Symptome sind Antriebsschwäche, Kraftlosigkeit, die Lebensfreude verabschiedet sich nach und nach und wir haben es schnell mit dem Teufelskreis: „hoch pflichtbewusst parat stehen und dabei extrem unerholt zu sein“, zu tun.

Wie kann man solche Teufelskreise aufbrechen? 
BH: Beginnen wir mit dem Medikamenteneinsatz oder Tablettenabhängigkeit. Mir sagen immer wieder sehr viele Betroffene: „Ohne Schlafmittel kann ich gar nicht schlafen“. Das ist auch nicht wesentlich, wenn sie diese Mittel über zwei bis drei Wochen nehmen; ABER wenn sich das manifestiert und dieses Verhalten über Zeiträume von zum Beispiel über einem halben Jahr etabliert, dann braucht es eine längere Betreuung und unter Umständen psychologische Ansätze mit individuellen Therapien.

Typische Symptome bei langwierigen Schlafstörungen

-Erschöpfung
-geringer Antrieb und Lustlosigkeit/Teilnahmslosigkeit
-Immunsystem wird geschwächt
-In der Folge gibt es gehäuft Infekt Erkrankungen, Erkältungen dauern statt einer Woche dann vier Wochen
-Wichtige Mineralstoffe können nicht mehr aufgenommen werden
-Die allgemeinen Stresssymptome verstärken sich
-Angstspiralen/Medikamentenabhängigkeit können sich manifestieren
-Die übliche Leistungsfähigkeit wird enorm eingeschränkt

Gibt es Möglichkeiten, den Schlafstörungen selbstbestimmt etwas entgegenzusetzen? 
BH: Zum Einsatz kommen bei Einschlafschwierigkeiten nach einer umfassenden Ursachenanalyse zunehmend Methoden wie die der „Schlafimagination“ bei Erwachsenen.
Was die meisten Anwender überzeugt: Eine Schlafimagination als Bestandteil der wissenschaftlichen Methode Neuroimagination dient der gezielten Selbststeuerung und betroffene Menschen erlernen eine Technik, die dringend zum Schlaf benötigten Immunbotenstoffe herzustellen. Dies ist die Grundlage, dass sich Muskeln und Blutgefäße nach einer belastenden Zeit entspannen können, was wiederum die Grundlage für den Tiefschlaf und die Traumschlafphase ist. Man nimmt also keine Tablette, sondern steuert sich selbst und sein Verhalten im Privaten und im Berufsalltag. Dies geschieht nach einer professionellen Begleitung durch ein tägliches Training und Visualisierungsübungen, die unter Anleitung erlernt und dann eigenständig in den Alltag integriert werden können. Dadurch kann der betroffene Mensch selbst für ein Absenken der Stresshormone sorgen, bekommt einen klaren Kopf, so dass er auch die schlafstörungsverursachenden Lebensthemen reflektieren und klären kann. 

Kann man gutes Schlafen also tatsächlich trainieren? 
BH: Ja, Betroffene können sich nur selber helfen. Genauso wie Resilienz trainiert werden kann und dann der Resilienz Quotient (=RQ) gesteigert wird, genauso müssen wir bei Schlafstörungen von der Analyse bis hin zur Verbesserung aktiv mitarbeiten und nicht ständig darauf warten, dass wir an die Hand genommen werden. Nur mit Aktivität kann der negative, ständig eskalierende und auf alle Lebensbereiche durchgreifende Kreislauf durch Schlafstörungen nachhaltig gestoppt und gelöst werden.